Bericht zur Tour
Autor
Raoul Baumann
Erstellt am
15.07.2019 7:51
Letzte Änderung
15.07.2019 7:54
Tourenbericht

Das Zinalrothorn kennt man, aber wer kennt die Pointe de Zinal? Dorthin zu gehen war Raouls Idee und es war ein Volltreffer! Umrahmt von einer Handvoll 4000er, also in einer grandiosen Umgebung, waren zwei schöne, einsame Gratkraxeleien angesagt. Mit dabei: Sonja, Adrian (Ädu), Markus, Pascal, Micha, Willi und natürlich Raoul, der alles gut im Griff hatte, sogar das Wetter.
Am Sonntag starten wir in Zermatt und die ersten 500 Meter geht’s durch die Bahnhofstrasse, ein erster Härtetest für uns so bescheidene, die Einsamkeit suchende Bergfreunde. Beim Aufstieg Richtung Zmutt hellen sich Gemüter dann wieder auf. Die Schönbielhütte erreichen wir nach vier Stunden auf einem schönen Hangweg, später auf der Seitenmoräne des tief unten liegenden, mit Geröll bedeckten (oder an dieser Stelle gar nicht mehr vorhandenen) Zmuttgletschers. Und das alles immer gegenüber der imposanten Nordflanke des Matterhorns! Da kann auch ein wenig Regen der guten Stimmung nichts anhaben.
Aufbruch am Montag knapp nach fünf Uhr. Obwohl viel Wind aus Westen und immer wieder Wolken, hielt das Wetter und es wurde ein Supertag. Der Plan war die Überschreitung der Point de Zinal von Norden nach Süden. Gleich nach der Hütte geht’s zuerst den steilen Weg hinauf, dann über Geröll und harten Schnee zur Schönbiellicke (ca. 3200 m). Nach einem kurzer Abstieg stehen wir auf dem Hohwänggletscher, seilen uns an und erreichen den Col Durand. Die Dent Blanche und das Ober Gabelhorn sind beide zum Greifen nah, verhüllen ihre Gipfel aber in Wolken. Wir haben mehr Glück: nach dem kurzen Firngrat und ganz leichter Kletterei stehen wir bei Sonnenschein nach um etwa 9 Uhr auf dem Gipfelturm der Pointe de Zinal. Die einmalige Aussicht vom Rimpfischhorn über Monte Rosa und Matterhorn zur Dent d’Hérens und weiter geniessen wir ganz alleine, wir sollten es den ganzen Tag bleiben. Nach kurzer Pause geht’s am kurzen Seil von der Pointe (Nordgipfel) über den abwechslungsreichen, luftigen Grat zum Südgipfel. Der absolute Höhepunkt des Tages. Für besondere Abwechsung sorgen zwei Türme mit leichter Kletterei im 3. Grad. Den ersten besteigen wir durch den dort „eingebauten“ Kamin, den zweiten nach einer kurzen Abseilpassage in eine Scharte über einen gut begehbaren Riss. Wir erreichen so den Südgipfel, steigen nach kurzer Pause über Blockgelände und aufgeweichte Schneefelder in den tiefsten Punkt (3360 m) vor dem neuerlichen Aufschwung zum Schönbielhorn ab. Für Raoul, immer auf der Suche nach neuen Routen, steht nun der Steilabstieg auf den Schönbielgletscher fest, auch wenn jede Menge permafrostfreies brüchiges Material auf uns wartet. Grosse Vorsicht ist angesagt. Alles geht gut und gegen 16 Uhr stehen wir wieder vor der Hütte bzw. vor der angenehmen Aufgabe, den Flüssigkeitshaushalt ins Lot zu bringen.
Der Wetterbericht kündigt für Dienstag eine Schlechtwetterfront an, sodass wir auf die Überschreitung des Arbenhorns verzichten. Um 5 Uhr geht’s wie gestern zügig hinauf zum Hohwänggletscher. Diesen queren wir auf seinem flachen Teil hinüber zum Rotturm, einer Felsnadel am Gletscherrand, von der Raoul gelesen hat, sie sei leicht zu ersteigen. Ist sie in Hochtourenschuhen aber nicht wirklich!. Damit machen wir uns an die Überschreitung des Äbihorns (3473 m), einer deutlich leichteren Aufgabe. Der Blockgrad ist zwar weniger spektakulär als die Zinalüberschreitung gestern, bietet aber jede Menge tolle Aus- und Tiefblicke. Reger Rega-Betrieb scheint drüben am Matterhorn (Hörnligrat) zu herrschen. Nach dem Gipfel geht‘s hinunter über den Arbengletscher, unter der Südwand des Ober Gabelhorn entlang und vorbei am Arbenbiwak. Auch hier ist der dramatische Gletscherrückgang der letzten Jahre überall sichtbar. Das Wetter hält gut mit und wir erreichen den oberen Wanderweg, der uns flach talauswärts bringt. Mehr als eindrücklich sind die unglaublich bunten Blumenwiesen rechts und links. Nicht gerade das pure Vergnügen bieten dann noch die 1100 Höhenmeter Steilabstieg nach Zermatt. Um halb zwei Uhr hat uns dann die Bahnhofstrasse wieder.
Ein ganz grosses Merci an Raoul für die tolle Idee zu dieser Tour, die umsichtige Führung unserer Gruppe und auch für manche spontane Einfälle zwischendurch!
Wilfried Anreiter