Bericht zur Tour
Autor
Christian Josi
Erstellt am
22.02.2025 9:56
Letzte Änderung
22.02.2025 9:56
Tourenbericht

«Jetzt sind wir nur noch zu zweit.» Diese Nachricht von Tourenleiter Urban Wyser erreichte mich etwas überraschend Freitagabend, nachdem seine erste E-Mail von Mittwoch noch in meinem Spam-Ordner gelandet war. Trotzdem erklärte er sich freundlicherweise bereit, die Tour mit nur einem Teilnehmer durchzuführen.
Die Tour sollte einsam bleiben, obwohl das Prachtswetter einen grossen Ansturm erwarten liess. Den ersten Bus von Brig auf den Simplonpass nahmen mit uns sage und schreibe drei Fahrgäste. Tatsächlich waren wir früh dran, den Simplonpass erreichten wir kurz vor 8 Uhr. Nach einem Kaffee im Hotel Monte Leone fuhr wir nach «Blattu» ab, wo wir anfellten. Langsam stiegen wir über die weiten Hänge hoch, den langgezogenen «Straffulgrat» querten wir zuerst an seiner Ostseite, um ihn dann an seiner Südflanke zu erklimmen. Nach einer Gratwanderung erreichten wir auf 2634 m seinen höchsten Punkt. Sogleich nahmen wir die Abfahrt ins Nanztal unter die Skier. Der Schnee war von Windharsch geprägt, manchmal tragend, meistens aber nicht. Pulver fanden wir in einigen Mulden, wobei man nie wusste, wo er anfing und wo er endete. Die Verhältnisse wendeten sich zum Besseren, als wir den Wald erreichten; dort herrschte Pulver vor.
Im Tal angekommen überquerten wir vorsichtig die Brücke, die lediglich aus zwei im Abstand von einem Meter nebeneinander über den Bach gelegten Stahlträgern bestand, dazwischen klaffte eine eindrückliche Lücke. Danach erklommen wir den Gegenhang zuerst in der Falllinie, bevor wir dem Sommerweg sanft talauswärts ansteigend folgten. Weil die weiten, locker mit Lärchen bestandenen Hänge zum Rothorn hin offenbar weniger dem Wind ausgesetzt gewesen waren, spielten wir schon im Aufstieg mit dem Gedanken, nach dem Gipfel noch eine zusätzliche Pulverabfahrt einzulegen. Das Rothorn (2337 m), unser zweites Gipfelziel, hatte mit einem Horn recht wenig zu tun. Wäre die breite, abgeblasene Kuppe nicht mit einem in die Jahre gekommenen, dafür sehr grossen Gipfelkreuz ausgestattet gewesen, hätten wir kaum gemerkt, dass wir am Ziel waren.
Wie geplant legten wir nach der Rast noch ein paar Spuren in den Pulverschnee, woraufhin wir am höchsten Punkt des Skigebiets Visperterminen wieder die Zivilisation erreichten. Den ganzen Tag hatten wir keine einzige Menschenseele von nah gesehen. Die Variantenabfahrt schenkten wir uns und folgten stattdessen weitgehend der präparierten Piste hinunter ins Dorf, von wo aus wir nach einer Einkehr auf einer sonnigen Restaurantterrasse den Heimweg antraten.
Christian Josi